Sie sagen dem Abfall den Kampf an

Marco Agostini aus Pfeffingen und Lucio Sansano aus Reinach haben im Frühjahr den Verein «Suubere Wald» gegründet. Das «Wochenblatt» hat die beiden auf einer Putztour begleitet.

FABIA MAIERONI

Hinter dem Schwimmbad in Arlesheim machen wir uns beim Dorfbach auf die Suche nach Abfall. «Hier habe ich einiges gesehen, als ich vor kurzem mit dem Velo durchgefahren bin», sagt Marco Agostini. Er und Lucio Sansano entdecken etwas zwischen den farbigen Blättern und steigen den rutschigen Hang runter zum Bach. «Hier, halte dich an einer Wurzel», sagt Agostini zu Sansano. Nach nur zehn Minuten klettern die beiden mit vollen Händen wieder den Berg hoch. Neben Petflaschen, Plastikverpackungen und Hundesäckchen reihen sie Sportschuhe, einen Frauenschuh, eine Chipsverpackung und auch einen Backstein nebeneinander. Auch eine Menge Gartenabfälle finden die beiden. Marco Agostini schleppt gar ein ganzes Schild vom Bach hoch. «Dies ist ein natürlicher Bachgraben! Keine Abfalldeponie!» steht darauf – ironischerweise findet Agostini gerade dieses Schild verraben unter einer Laubschicht. Jemand muss es wohl aus der Verankerung gerissen und den Hügel hinabgeworfen haben.


Verein «Suubere Wald» gegründet

Das kurze Beispiel im Arlesheimer Wald zeigt eines klar: In den Wäldern der Region liegt eine ganze Menge Abfall herum. Der Grünen-Landrat Marco Agostini hat das schon vor längerer Zeit bemerkt und mit Waldputzaktionen auf das Problem aufmerksam gemacht. Im März dieses Jahres hat der Pfeffinger nun mit dem Jungfreisinnigen Lucio Sansano aus Reinach den Verein «Suubere Wald» gegründet. Die Idee eines Vereins hatte er schon länger, nach einem Gespräch mit Lucio hat das Projekt dann aber rasch Formen angenommen. Kennen gelernt haben sich Agostini und Sansano über den Verein «Midnight Sports» in Reinach. «Ich kannte Marcos Projekt «Suubere Wald» deshalb und half selbst mit Freunden schon einmal an einer Putzaktion mit. Dort habe ich nach zwei Minuten eine Bratpfanne im Wald gefunden. Da wurde mir bewusst, dass wir ein Abfallproblem haben», sagt Sansano, der neben dem Vizepräsidium auch die Administration des Vereins übernimmt. Mitglied werden im Verein «Suubere Wald» kann jeder und jede, unabhängig davon, ob man aktiv bei Putzaktionen mithelfen will oder nicht. Der Mitgliederbeitrag beträgt 30 Franken. Aktuell hat der Verein 20 Mitglieder; Tendenz rasch steigend.

Ein Grüner und ein Freisinniger – geht das? 
Wenn ein Grüner und ein Freisinniger gemeinsame Sache machen, dann kann das beim einen oder anderen Stirnrunzeln auslösen. Auf die Frage hin, wie sein Engagement bei «Suubere Wald» mit dem Freisinn zusammenpasst, erklärt Lucio Sansano: «Ich stehe für eine liberale Klimapolitik. Für mich ist es klar, dass man Eigenverantwortung übernehmen muss und deshalb engagiere ich mich bei ‹Suubere Wald›. Ich packe lieber an, als dass ich streike.» Kritik aus den eigenen Reihen habe er noch nie erhalten, im Gegenteil: Die Parteikollegen begrüssten sein Engagement. Ob es denn zwischen Agostini und Sansano keinen politischen Streit gebe, möchte ich von den beiden wissen. Der 19-jährige Freisinnige winkt ab: «Wir reden gerne über Politik und sind uns auch nicht immer einig, aber schlussendlich geht es um die Sache.» Auch für Agostini ist das «Waldputzen» unabhängig von der politischen Couleur. Letztes Jahr war er beispielsweise zusammen mit Mitgliedern der Jungen SVP auf Abfallsuche. «Mein Ziel ist es, Junge zu mobilisieren. Das Putzen soll eine Kompensation für unseren Lebensstil sein. Denn wir können vieles von dem, was wir finden, wiederverwerten.» Der Grünen-Landrat spricht daher auch nicht von «Abfall» sondern von Rohstoffen, die er im Wald findet.

Kuriose Funde in den Wäldern der Region

Die «Müllsucher» haben auf ihren Touren schon einiges gefunden: Fahrzeuge wie Autos, Fahrräder, Mofas, aber auch Flachbildschirme, ein paar Skier, Kinderwagen oder sogar eine Shisha gehören zu den «Waldschätzen». Meist haben hier Privatpersonen ihren Hausrat gratis entsorgt. Doch nicht nur Private gehören zu den Abfallsündern. Was viele heute vielleicht nicht mehr wissen: In den 50er- bis 80er-Jahren wurden von den Gemeinden ganze Abfalldeponien in den Wäldern angelegt. Solche offenen Deponien sucht Agostini und meldet sie dem Amt für Umwelt und Energie (AUE) des Kantons, das dann den Boden und das Grundwasser auf Verschmutzungen testet. Liegen die Werte dabei im Normbereich, kann es sein, dass eine Deponie wieder zugeschüttet und nicht ausgehoben wird. «Wahrscheinlich ist das sogar ökologischer, als wenn die Abfallberge mit Kranen und unzähligen Lastwagen abtransportiert werden müssen», gibt Agostini zu bedenken.

Als wir nach einer Weile wieder hoch zur Curlinghalle spazieren, haben
Sansano und Agostini zwei Säcke voller Abfall dabei. «Wenn nur jeder auf dem Spaziergang mitnimmt, was er gerade entdeckt, können wir viel erreichen. Schliesslich dürfen wir den Wald gratis nutzen, da kann das unser Beitrag sein», sagt Agostini zum Abschluss.